Trenngittermethode
Für die Vergesellschaftung (VG) von Rennmäusen gibt es viele Methoden und auch Ausnahmefälle. Jede Rennmaus ist anders und braucht deshalb auch ihre individuell angepasste Methode. Es gibt keinen Meisterplan für VGs. Als Anfänger fühlt man sich von unzähligen Anleitungen, die man online findet, oft überrannt. Das kennt jeder Rennmaushalter, ich auch. Deshalb stelle ich hier einmal die Standardmethode für den Normalfall und für eine Jungtier-VG vor. Diese Anleitung habe ich zusammen mit anderen Haltern ausgearbeitet. Sie spiegelt also nicht nur meine Erfahrungen wieder, sondern auch die von anderen wieder.
Außerdem arbeite ich an Mediathek für VG-Videos, allerdings gibt es dort noch nicht sehr viel zu sehen. Wenn Ihr Videomaterial für die Mediathek habt, meldet Euch gerne!
Vorbereitung
Zunächst sind für eine VG einige materiellen Dinge nötig. Hier eine Auflistung:
- Ein VG-Gehege (z. B. 80er Aquarium)
- Zwei Trenngitter, die auf allen vier Seiten bündig mit dem Gehege sind (Gitter/Lochblech)
Als VG-Gehege kann auch das zukünftige Gehege dienen. Dafür bietet es sich aber dann meist an, dieses nochmal ein Stück zu verkleinern. Das kann mit einem weiteren Gitter oder einem Brett gemacht werden. Hauptsache ist bei jedem Trenngitter oder -brett, dass keine Maus daran vorbeikann, auch nicht drüber. Damit der Deckel sicher am Trenngitter aufliegt, sollte er mit etwas Schwerem (z. B. Büchern) beschwert werden. Das VG-Gehege, sowie alles an Einrichtung, muss vor der VG mit Essigwasser geruchsneutral gemacht werden. Danach sollte alles gut ausgespült und getrocknet werden. Mit den zwei Trenngittern wird das VG-Gehege in zwei gleich große Teile abgetrennt und ca. 5 cm hoch eingestreut. An Einrichtung reicht Nistmaterial (Stroh, Heu, Klopapier) und ein Wassernapf oder eine Wasserflasche sowie ein Sandbad für jede Seite. Ein Laufrad kann zum Stressabbau angeboten werden, ist aber kein Muss. Ebenso kann auf ein Versteck verzichtet werden, um zu sehen, wo die Renner ihr Nest bauen. Die Einrichtung kann aber abhängig von den Mäusen variieren. Das Futter wird am Trenngitter verstreut, damit sich die Mäuse beim Fressen begegnen müssen. All diese Vorbereitungen können getroffen werden, während die eigene Maus in Quarantäne nach Versterben der Partnermaus oder der ca. 2-wöchigen Ruhephase nach einem Streit ist, man eine neue Maus sucht und/oder auf die negative Kotprobe der eigenen und der neuen Maus wartet.
Am Trenngitter
Ist die neue Maus angekommen, können beide Mäuse direkt ans Trenngitter. Sie sollten gleichzeitig ins VG-Gehege gesetzt werden. Bei der ersten Begegnung heißt es, gut beobachten. Im besten Fall filmt Ihr mit, wie die Beiden durch das Gitter getrennt aufeinander reagieren. In diesem Moment ist fast jedes Verhalten erlaubt, schließlich seid nicht nur Ihr aufgeregt, sondern auch die beiden Mäuse, die zum ersten Mal aufeinandertreffen.
Ruhiges Verhalten am Trenngitter
Anna-Lena
Anna-Lena
Aggressives Verhalten am Trenngitter
Katja
Sophie
Sollte am ersten Tag kein aggressives Verhalten auftreten, kann das zweite Trenngitter am nächsten Tag entfernt werden. Dieses dient nur dazu, dass die Beiden sich nicht gegenseitig verletzen können. Dann können die beiden Mäuse auch zum ersten Mal die Seiten tauschen. Sind die Mäuse dabei sehr gestresst, oder lassen sich nicht gerne hochnehmen, kann auch nur das Sandbad oder Einstreu getauscht werden. Dabei sollten die Mäuse sich nie direkt treffen. Das Verhalten nach dem Seitenwechsel sollte ebenfalls gut beobachtet und gefilmt werden. Wird viel markiert, das Nest des anderen auseinandergenommen oder direkt darin geschlafen?
Die Zusammenführung
Verhalten sich die Mäuse ruhig und es sind keine Aggressionen zu erkennen, dann kann nach durchschnittlich 7 Tagen die erste Zusammenführung probiert werden. Der genaue Zeitpunkt hängt vom Verhalten der Mäuse ab, aber auch davon, wie man selbst Zeit hat. Für das Zusammenlassen sollte man am besten ein bis zwei ganze Tage (z. B. ein Wochenende) einplanen, aber mindestens einen ganzen Nachmittag, den man zuhause ist. Die ersten paar Stunden sind die kritische Phase, aber das neue Paar sollte noch länger unter guter Beobachtung stehen. Hier ist noch einmal eine Auflistung an Dingen, die du gleich brauchen wirst:
- Zeit
- Trinken und Snacks, damit du die ersten 2 - 3 Stunden direkt am Gehege verbringen kannst
- Bissfest Handschuhe
- Etwas zum Trennen (z. B. ein Pfannenwender, oder Kehrblech)
- Ein großes Stück harte Pappe
- Desinfektionsmittel (z. B. Octenisept) und 2 Transportboxen (für den Notfall)
- Ein Stativ zum Filmen oder eine Person, die mit filmt
- Ruhe und ein gutes Bauchgefühl, mach dir ruhig nochmal einen Tee und schöne Musik an
Für das Zusammenlassen wird eine neutrales Gehege vorbereitet. Dafür bietet sich ein abgetrennter Bereich im Endgehege oder ein Notfallgehege/eine Notfallbox an. Die Fläche sollte ca. 40 x 40 - 50 x 50 cm betragen. Diesen Bereich streut Ihr neutral ein, verstreut Futter und bietet Schreddermaterial an. Bis zur Zusammenführung sollten die Mäuse am Trenngitter sitzen. Lediglich die Zusammenführung findet dann neutral statt. Dafür werden die Mäuse möglichst gleichzeitig und weit voneinander entfernt in das neutrale Gehege gesetzt. Von einer Zusammenführung in Badewannen rate ich ab! Zum einen ist es glatt, was durch ein Handtuch zwar geändert werden kann, aber zum anderen müssen danach die Mäuse noch einmal ins Gehege umgesetzt werden. Bei diesem Umsetzen kann die Stimmung kippen. Wenn Ihr die Zusammenführung nicht neutral machen könnt, dann könnt Ihr sie auch im VG-Gehege machen. Dafür wird die gesamte Einrichtung aus dem Gehege genommen (auch der Wassernapf) und Futter sowie längs Schreddermaterial zum Stressabbau im Gehege verteilt. Dann wird das Gitter ein Stück angehoben oder gedreht. Wenn ein Maus auf die andere Seite gehuscht ist, wird das Gitter wieder verschlossen.
Und dann heißt es bereit sein und beobachten, egal wo Ihr die Mäuse zusammen gelassen habt. Jetzt kann es recht rabiat zugehen, aber das ist in Ordnung. Die Mäuse klären ihre Rangordnung. Dazu gehört besteigen, jagen, boxen, buckeln, rangeln, fiepen, heftiges Putzen und auf den Boden drücken. Ihr solltet nicht bei jeder Kleinigkeit dazwischen gehen. Das kann so auch einige Stunden gehen. Normal geht es aber nicht so lange und Ihr könnt nach 1 - 2 Stunden etwas anderes nebenher machen. Aber Ihr solltet für den Notfall in Reichweite bleiben. Deshalb bietet es sich auch an, die erste Nacht neben dem Gehege zu schlafen. Außerdem sollte immer ausreichend Schreddermaterial zum Stressabbau vorhanden sein. Also dieses nachfüllen, wenn es aufgebraucht ist.
In den folgenden Bildern und Videos ist Verhalten zu sehen, bei dem noch nicht eingegriffen werden muss.
Julia
Buckeln
In den Bildern und Videos ist Verhalten zu sehen, welches normal ist. Aber bei welchem Verhalten muss nun aber eingegriffen werden? Dazu gehört zum einen pausenloses Jagen. Hilft auch eine kurze Sichtkontaktunterbrechung mit Pappe nicht und eine Maus ist extrem gestresst und hüpft wie ein Flummi durchs Gehege, ist es besser diese Zusammenführung abzubrechen. Ein weiterer Grund zum Abbruch ist Knäulen. Dieses sollte man nach wenigen Sekunden vorsichtig trennen und die Mäuse in entgegensetze Ecken schieben, wenn sich das Knäul nicht nach einigen Sekunden von selbst löst. Man kann probieren, ob das Knäul sich durch Klatschen oder laute Geräusche löst, ansonsten muss man mit dem Pfannenwender/dem Kehrblech und behandschuhten Händen dazwischen gehen. Knäulen sie direkt danach wieder, sollte das Paar komplett getrennt werden. Genauso wenn Blut fließt. Damit sind keine kleinen Kratzer, sondern richtige Bisswunden gemeint, welche auch direkt desinfiziert werden sollten und ggf. einen Tierarztbesuch erfordern. Achtung: Bisswunden seht Ihr unter dem Fell nicht sofort, deshalb ist es wichtig, sie zu beobachten, ob gebissen wird, und die Mäuse genauer anzuschauen nach einem Knäul.
Hier ist ein Video von einer Zusammenführung, die innerhalb weniger Sekunden scheitert. Die beiden Rennmäuse gehen direkt in einem Knäul aufeinander los und lassen auch nicht einfach so wieder von einander ab. Daraufhin wurde diese Zusammenführung abgebrochen.
Anna-Lena
Auf den Boden drücken
Anna-Lena
Knäulen, Trennung erforderlich
Sollte die Zusammenführung scheitern, heißt das nicht unbedingt das Ende der VG. Mit Videoaufnahmen kann das Geschehene später noch einmal in Ruhe zusammen mit erfahrenen Haltern ausgewertet werden. Dann kann darüber entschieden werden, ob noch ein Versuch Sinn ergibt und welche Methode dann am besten angewendet wird. Vielleicht hat man in der Aufregung auch einfach zu früh oder falsch gehandelt. So ist z. B. die VG, die im gezeigten Video innerhalb weniger Sekunden scheitert, durch einen anderen Ansatz erfolgreich gewesen.
Anna-Lena
Jungtier-VG
Sonderfall: Jungtier
Eine VG mit Jungtieren (8 - 10 Wochen) verläuft meistens entspannter. Da Jungtiere nicht lange allein sein sollten, wird schon nach ca. 1 Tag die erste Zusammenführung probiert. Ansonsten geht man bei Jungtier-VGs genauso wie bei Adult-VGs vor. Oft wird bei Jungtier-VGs, wie hier im Video zu sehen, sehr stark gefiept, weil die Kleinen sich direkt unterwerfen. Auch wenn es herzzerreißend ist, ist es kein Grund zum Abbruch.
Nach der Zusammenführung
Nach der Zusammenführung ist die VG genaugenommen noch nicht zu Ende. Kommen die Mäuse nach ein paar Stunden zur Ruhe, können sie ihren Wassernapf zurückhaben. Dieser wurde nur rausgenommen, damit keine Maus während der VG in den Napf fällt. Ob man nun schon einen Unterschlupf oder das Laufrad dazu gibt, hängt vom Charakter der Mäuse ab und sollte zusammen mit einem erfahrenen Halter entschieden werden. Saßen die Mäuse einige Tage zusammen, waren ruhig und friedlich und schlafen in einem Nest zusammen, was nicht unbedingt direkt der Fall sein muss, kann das Gehege langsam Stück für Stück vergrößert werden. Am besten wird jeden zweiten Tag etwas mehr Platz oder Einstreu oder ein Einrichtungsgegenstand gegeben. Wirkt das Paar dadurch wieder instabiler, kann auch etwas länger gewartet werden, oder man geht sogar nochmal einen Schritt zurück. Lieber zu langsam als zu schnell. Ist das Endgehege sehr groß, kann es auch sinnvoll sein, dieses zu verkleinern, bevor das Paar in dieses umzieht und dort ebenfalls Stück für Stück Platz frei zugeben. Während dieser Zeit sollte aber auch darauf geachtet werden, dass den Rennmäusen nicht zu langweilig wird. Also am besten immer genug zum Nagen anbieten.
Bei einer Jungtier-VG könnt Ihr schneller vorgehen.
Abschlusswort
Generell ist eine VG ein sehr individueller Prozess. Abweichungen von diesem Standardplan können je nach Maus sinnvoll sein. Dies sollte am besten mit einem erfahrenen Halter abgesprochen werden, um eine passende Lösung zu finden. Dafür sind Videoaufnahmen sehr hilfreich, damit man sich auch ein Bild machen kann, wenn man nicht anwesend war.
Klare No-Go’s sind aber:
- Die Mäuse ohne Trenngitterzeit einfach zusammensetzen
- Die Mäuse unbeaufsichtigt zusammensetzen
- Nur 1 - 2 Stunden einplanen
- Nichts zum Stressabbau anbieten
- Bei Knäulen oder Beißen nicht eingreifen
- Ratschläge erfahrener Halter grundlos ablehnen
- Uninformiert/unvorbereitet sein
Die meisten VGs verlaufen nach dieser Methode eindeutig und man erkennt schnell, wenn ein Paar einfach nicht zusammenpasst und sollte das dann auch akzeptieren. Am Ende hat sich aber die ganze Anstrengung und der Stress gelohnt, wenn man dann ein kuschelndes Mäusepaar am nächsten Tag im Nest vorfindet und dieses dabei begleiten kann, wie es immer mehr zusammenwächst.
Um einen besseren Einblick zu bekommen, schaut doch gerne in der VG-Mediathek vorbei.
Zur Motivation folgen hier noch die Bilder vieler erfolgreich vergesellschafteter Paare! Und wenn ihr eure Mäuschen auch erfolgreich vergesellschaftet habt, lasst mir gerne ein Bild und die Namen zukommen, damit sie auch ihren Platz hier finden!